Die Berufliche Orientierung wird schwerpunktmässig im 3. Zyklus unterrichtet. Vorentscheidungen fallen aber schon im 2. Zyklus (z.B. Gymnasium). An Kompetenzen für die Berufliche Orientierung und Themen aus der Berufs- und Arbeitswelt wird bereits ab dem 1. Zyklus im Fachbereich Natur, Mensch, Gesellschaft gearbeitet (siehe auch Fachbereich Natur, Mensch, Gesellschaft, z.B. Kompetenzbereich 6).

Die Kompetenzen des Moduls Berufliche Orientierung werden von derjenigen Lehrperson aufgenommen, die die Jugendlichen in der Schule im Bildungs- und Berufswahlprozess begleitet. Die Lehrperson koordiniert den Bildungs- und Berufswahlprozess und ergreift die Initiative zur Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten sowie inner- und ausserschulischen Fachpersonen, insbesondere der Berufs- und Laufbahnberatung. Die Lehrperson nimmt eine begleitende und unterstützende Haltung ein. Dies bedeutet, dass sie

  • Jugendliche in ihrem individuellen Prozess berät;
  • die Selbstentwicklung fördert, so dass autonome Entscheidungen möglich werden;
  • Erfahrungssituationen und Entscheidungshilfen anbietet;
  • Unklarheiten anspricht;
  • Alternativen aufzeigt;
  • die unterschiedlichen Anforderungen der Sekundarstufe II berücksichtigt;
  • und die Jugendlichen allenfalls an Fachpersonen weiterleitet (z. B. Case Management Berufsbildung).

Es ist zu empfehlen, dass die Verantwortung für die Berufliche Orientierung in der Schule bei der Klassenlehrerin oder beim Klassenlehrer liegt. Sie oder er kennt die Schülerinnen und Schüler in der Regel am besten und kann sie darum in dieser anspruchsvollen Phase individuell und professionell betreuen.

Der Unterricht wird für die Jugendlichen umso gewinnbringender, je besser es gelingt, sie Erfahrungen machen zu lassen, die sowohl den Intellekt als auch die Gefühle und Sinne ansprechen (Besichtigungen, Gespräche mit Berufsleuten, Schnupperlehre, usw.). In Kooperation mit inner- und ausserschulischen Partnern erfahren sie dabei Unterstützung für die ersten Schritte ihrer beruflichen Laufbahn.

Berufliche Orientierung setzt den realitätsbezogenen Willen zur Selbstbestimmung voraus. Schulische und ausserschulische Aktivitäten der Jugendlichen, die die Berufswahlkompetenz fördern, sind zu unterstützen. Die Berufliche Orientierung leistet damit einen Beitrag dazu, dass sich die Jugendlichen Arbeitshaltungen und Fähigkeiten aneignen, damit sie den jeweiligen Anforderungen der Bildungs-, Berufs- und Arbeitswelt wie Belastbarkeit, Leistungsbereitschaft, Flexibilität, Pünktlichkeit, Sorgfalt und Kreativität gewachsen sind.

In der Beruflichen Orientierung muss vom aktuellen, persönlichen Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler ausgegangen werden. Die Lehrperson berücksichtigt Lernstil, Lerntempo, Lernbereitschaft und Lerninteresse der Schülerinnen und Schüler. Sie setzt individualisierende Methoden wie beispielsweise Portfolio, Förderpläne oder Lernverträge ein.

Der Kompetenzaufbau in der Beruflichen Orientierung verläuft, wie auch in den Fachbereichen, komplex: Die Lernschritte sind unterschiedlich gross und der Lernprozess verläuft häufig nicht linear.

Überfachliche Kompetenzen werden über die gesamte Volksschulzeit und in allen Fachbereichen erworben. Diese Kompetenzen sind für einen erfolgreichen Übergang in die Sekundarstufe II von grosser Bedeutung und auch in der Beruflichen Orientierung entsprechend zu fördern. Dazu gehören Kompetenzen, wie das eigene Persönlichkeitsprofil zu erkennen und zu nutzen oder Schwierigkeiten im Bildungs- und Berufswahlprozess zu erkennen und mit ihnen umgehen zu können. (Siehe auch Grundlagen Kapitel Überfachliche Kompetenzen.)

Im Bildungs- und Berufswahlprozess sollen die Schülerinnen und Schüler formativ beurteilt werden.

Das Führen einer Dokumentation (z.B. Portfolio) durch die Schülerinnen und Schüler während dem Prozess sowie eine Evaluation zum Schluss sind unerlässlich. Erstens weil diverse Aufgaben zu bewältigen und verschiedenste Institutionen am Prozess beteiligt sind und zweitens als Orientierungshilfe für die Jugendlichen selber und die Berufswahlbegleiterinnen und -begleiter.

Im mehrjährigen Bildungs- und Berufswahlprozess sind Erfolgssicherung und -bestätigung besonders zu beachten. Dies ermöglicht Erreichtes und individuelle Fortschritte der Schülerinnen und Schüler aufzuzeigen. Damit unterstützen die Lehrpersonen eine konstruktive Entwicklung und helfen den Schülerinnen und Schülern, besser mit belastenden Lebensumständen und Rückschlägen in der Berufsfindung umzugehen (Resilienz).